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Allgemein

Hintergründe Blackout

Einleitung

Wie im Roman „Ohne Strom – Wo sind deine Grenzen?“ beschrieben, hängt unsere Lebensweise sehr stark von der Verfügbarkeit von Elektrizität ab. Die dahinterstehende Branche macht Umsätze in Milliardenhöhe und es ist ein hart umkämpfter Markt. Wie sehr unser Lebensstil von Strom abhängt, ist etwas, das man meistens verdrängt, weil die Verfügbarkeit als gegeben angenommen wird. Bei einem Blackout (der Begriff bezeichnet einen plötzlichen, überregionalen Stromausfall) dürften die Rettungskräfte und der Katastrophenschutz schnell an Grenzen ihrer Leistungen kommen. Eine Studie aus dem Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag beendet die untersuchten Szenarien nach zwei Wochen Stromausfall. Die Studie geht jedoch davon aus, dass Teile der Infrastruktur weiterhin funktionieren.
Grundsätzlich sehe ich drei Gefahren, die unser Stromnetz bedrohen: Sonneneruptionen mit der Folge von Magnetstürmen, EMPs und das Stromnetz selbst.

Sonneneruption

Das Carrington-Ereignis von 1859 bezeichnet den bisher größten beobachteten, durch eine Sonneneruption ausgelösten magnetischen Sturm auf der Erde. Damals waren Polarlichter bis Hawaii und Rom zu sehen und in Telegrafenleitungen wurden so hohe Ströme indu-ziert, dass Papier in den Telegrafenstationen durch Funkenschlag Feuer fing.
Würde uns heute solch eine Eruption treffen, wären die Auswirkungen wesentlich dramatischer: Alle am Stromnetz angeschlossenen Geräte würden durch die in den Überlandleitungen induzierten Ströme zerstört werden, die großen Verteilertrafos in den Umspann-werken ebenfalls. Es wäre auch mit Schaden an Satelliten im Orbit zu rechnen. Autos, Schiffe und Flugzeuge wären vermutlich nicht betroffen.
Im Juli 2012 schleuderte die Sonne Billionen Tonnen Plasma ins All und verfehlte die Erde nur knapp. Es wird geschätzt, dass Sonnenstürme, wie der dem Carrington Ereignis vorangegangene, im Schnitt alle 500 Jahre auftreten. Die ersten Strahlungen würden uns mit Lichtgeschwindigkeit knappe acht Minuten nach der eigentlichen Eruption treffen. 16 bis 20 Stunden später würde die Schockfront die Erdatmosphäre mit voller Wucht treffen.
1859 war man in diese Richtung noch blind und weitestgehend immun. Heute können wir dies beobachten und ein frühzeitiges Her-unterfahren der Stromnetze könnte Schäden und Folgeschäden massiv reduzieren. Es müsste, für Milliarden von Menschen, die Entscheidung getroffen werden, dass sie ein oder mehrere Tage ohne Strom leben müssten. Ohne große Vorbereitung müsst man die Menschen davor warnen für die voraussichtliche Dauer des Magnetischen Sturms elektrische Geräte zu nutzen. Wenn man sich das als Katastrophenfilm vorstellt, sieht man auf der einen Seite den warnenden Wissenschaftler und auf der anderen Seite Politiker und Wirtschaftsvertreter, die die Gefahr herunterspielen oder das Eintreten des Ereignisses für unwahrscheinlich halten.

EMP

Die Detonation einer Atomwaffe erzeugt einen elektromagnetischen Impuls. Die Auswirkungen auf das Stromnetz und elektrische Geräte hängen dabei von vielen Faktoren ab: Stärke der Detonation, Detonationshöhe und wie gut die elektrischen Geräte abgeschirmt sind.
Durch Induktion werden das Stromnetz und nicht ausreichend geschützte elektronische Schaltkreise in Mitleidenschaft gezogen, teil-weise zerstört. Ausgeschaltete Geräte wären überwiegend nicht be-troffen. Autos, die sich während der Detonation in Betrieb befinden, wären sehr wahrscheinlich betroffen, genauso wie viele andere Verkehrsmittel, in denen Transistoren genutzt werden.
Mit einem Faradayschen Käfig und anderen Maßnahmen kann man Geräte vor einem EMP schützen. Die ›Air Force One‹ ist so konstruiert, dass sie einem EMP standhalten kann und somit vor dem Ausfall der Bordelektronik geschützt ist.
Um einen EMP zu erzeugen, benötigt man einen nuklearen Sprengkopf. Möchte man ihn hoch in die Atmosphäre transportieren, noch ein entsprechendes Trägersystem. In Forstchens Roman »One Second After« ist es eine aus dem Golf von Mexiko gestartete Rakete, die einen EMP auslöst, der die USA lahmlegt. Zwei weitere Sprengköpfe detonieren über Osteuropa und Russland sowie Japan und Süd-Korea. Als Verursacher wird eine Allianz zwischen dem Iran und Nord-Korea angenommen. Es ist davon auszugehen, dass das Konzept des EMP als Waffe sowohl bei den »bekannten« Nuklearmächten als auch bei terroristischen Organisationen präsent ist. Gerade bei Terrororganisationen sind die Skrupel zum Einsatz vermutlich gering, dafür aber die Beschaffung der nötigen Systeme eine hohe Schwelle. Die Stärke eines EMP hängt von der Stärke der Detonation und der Detonationshöhe ab.

Stromnetz

Das europäische Verbundnetz soll die europaweite sichere Versorgung mit Strom gewähren. Das System an sich wird durch ständiges Steuern und Gegensteuern in einem Bereich zwischen 49,8 und 50,2 Hertz gehalten. Kann dies nicht eingehalten werden, sind Teile des Netzes von einem Ausfall bedroht. Im Extremfall kommt es zu einer Kettenreaktion und in ganz Europa würden die Lichter ausgehen. Verschiedene Ursachen können zu den Schwankungen führen, die einen Blackout auslösen.
Da der Strom fast ausschließlich in dem Moment hergestellt wer-den muss, in dem er auch verbraucht wird, müssen Kraftwerke hoch- oder heruntergefahren werden, um an den Bedarf angepasst zu sein. Zu viel und zu wenig Strom führt zum Ausfall. Es gibt zwar sogenannte Speicherkraftwerke, die das Überangebot zu einem Zeitpunkt speichern und zu einem anderen wieder abgeben können, aber die Kapazitäten sind gering. Problematisch wird es, wenn ungeplant Kraftwerke ausfallen, die nicht schnell genug ersetzt werden können. Kritisch sind an dieser Stelle auch Windkraftanlagen und Solarvoltaik, da diese nur bei den entsprechenden Wetterbedingungen Strom liefern. Durch den Atomausstieg entsteht hier perspektivisch eine Versorgungslücke, die durch Stromimporte gestopft werden müsste. Ein beschleunigter Kohleausstieg würde die Versorgungslücke noch vergrößern. Aber auch der Ausfall anderer Kraftwerke kann das empfindliche Gleichgewicht im Netz schnell stören.
Der Ausfall von großen Stromtrassen ist ein weiteres Risiko. Im November 2006 kam es zur Emslandstörung, bei der Teile von Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien, Österreich und Spanien teilweise bis zu zwei Stunden ohne Strom waren. Eine Abschaltung zweier Hochspannungsleitungen, die für die Überführung eines Kreuzfahrtschiffes notwendig war, wurde ungenügend geplant und umgesetzt. Bis zu zehn Millionen Haushalte in Europa waren betroffen. 2005 kam es zum Münsterländer Schneechaos. Strommasten konnten das Gewicht von Schnee und Eis nicht tragen und in der Folge waren rund 250.000 Menschen bis zu vier Tage ohne Strom. Im Februar 2021 war Texas nur wenige Minuten von einem monate-langen Blackout entfernt: Durch fehlende Modernisierungen in be-stehenden Kraftwerken und die extrem niedrigen Tempertaturen standen mehrere Kraftwerke kurz davor, den Betrieb einzustellen. In einer Kettenreaktion wären Trafostationen überlastet und schlimmstenfalls zerstört worden.
Deutschland stand im Juni 2019 dreimal kurz vor einem Blackout, weil weniger Strom in das Netz eingespeist als abgerufen wurde. Die Ursache waren Preisspekulationen mehrerer Stromhändler und das Geschäft war und ist so komplex, dass es schwer gegen Manipulation zu schützen ist.
Der Schweizer Rundfunk hat mit »Blackout« eine Dokutainementserie veröffentlicht, bei der ein mehrtägiger Blackout beschrieben wird, dessen Ursache der Handel an der Strombörse war.
Neben dem Wetter, der Infrastruktur selbst und dem Stromhandel besteht ein weiteres Problem darin, dass Teile der Infrastruktur nur schwer bis gar nicht zu schützen sind. Gezielte Anschläge auf mehre-re Stromtrassen gleichzeitig würden das Stromverbundsystem an die Grenze oder darüber hinaus belasten. Die Folgen wären dramatisch. Sowohl in finanzieller Hinsicht, aber vor allem auch mit der Sicht auf Menschenleben.

Auswirkungen

Egal ob EMP, magnetischer Sonnensturm oder instabiles Stromnetz: als Erstes gehen überall die Lichter aus. Das wäre dabei aber noch das geringste Problem: Kühl- und Gefrierschränke konservieren unsere Nahrung, Pumpen versorgen unsere Wohnungen mit Wasser. Wer nicht vorgesorgt hat, ist innerhalb kurzer Zeit von einem der 5.200 öffentlichen Brunnen zur Notfallversorgung abhängig. Anstatt Wasser aus dem Hahn zu holen, muss man mit Kanistern und Flaschen zu den Verteilstellen gehen.
Einkaufen wird nur in wenigen Fällen möglich sein, da es in den meisten Geschäften elektronische Kassensysteme gibt. Selbst wenn bar kassiert werden kann: Die meisten haben wenig mehr als einhundert Euro Bargeld bei sich. Unsere Just-In-Time Lebensweise erzeugt das nächste Problem, da der gesamte Logistikprozess dahinter von IT-Systemen abhängig ist, die nicht mehr funktionieren würden. Selbst wenn die dafür nötigen Lkw nicht durch die Ursache des Stromausfalls betroffen sind, fehlt es an Möglichkeiten zu tanken. 2019 gab es in Deutschland gerade 15 Tankstellen, die über ein Notstromaggregat bet

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